Komposttoilette statt Spülung! Warum Kot und Urin wertvoller sind, als wir denken

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Unsere Exkremente sind keine Belastung, sondern eine unterschätzte Ressource. Kompost- und Trenntoiletten zeigen, wie einfach sich Nährstoffe zurückgewinnen und Abwasser vermeiden lassen, ganz ohne Wasserverbrauch und Hightech. Goldeimer macht vor, wie nachhaltige Sanitärsysteme schon heute funktionieren: hygienisch, alltagstauglich und überraschend sympathisch. Warum der Wandel beim Klo ein wichtiger Schritt Richtung Kreislaufwirtschaft ist und wie aus etwas vermeintlich Unangenehmem plötzlich echter Nutzen entsteht.

Komposttoilette

Schon mal auf einer Komposttoilette gesessen? Für viele klingt das ungewöhnlich, dabei zeigt ein Blick in die Welt, wie dringend wir neue Wege im Umgang mit Abwasser brauchen. Rund 80 % der globalen Abwässer gelangen ungeklärt in die Umwelt. Dies hat nicht nur negative Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen, es zerstört Ökosysteme und belastet Böden und Gewässer. Mindestens 2 Milliarden Menschen auf Wasserquellen angewiesen, die durch Fäkalien verunreinigt sind.

Doch unsere Ausscheidungen müssen keine Last sein, sie sind eine wertvolle Ressource!

Was im Alltag einfach in der Toilette verschwindet, ist in Wahrheit ein Schatz voller Ressourcen. Unsere Ausscheidungen enthalten Nährstoffe, Energie und wertvolle Bestandteile, die wir heute oft ungenutzt durch das Abwassersystem schicken. Dabei könnten sie in natürliche oder technische Kreisläufe zurückgeführt werden. 
Feststoffe können kompostiert werden und verwandeln sich dabei in nährstoffreichen Humus. Dieser verbessert den Boden langfristig, fördert gesundes Pflanzenwachstum und spart den Einsatz energieintensiver Kunstdünger. Darüber hinaus lassen sich die Feststoffe auch zu Brennstoffpellets verarbeiten oder in Biogasanlagen zur Energiegewinnung nutzen. Aus etwas, das wir unbeachtet wegspülen, kann also Wärme, Strom oder fruchtbare Erde entstehen. Auch Urin ist eine tolle Ressource: Er enthält Stickstoff, Phosphor, Kalium, Magnesium und Schwefel, genau die Nährstoffe, die Pflanzen zum Wachstum brauchen. In aufbereiteter Form lässt er sich direkt als Dünger nutzen. Statt Phosphor aufwendig aus Minen abzubauen oder energieintensiv Dünger herzustellen, könnten wir einfach nutzen, was ohnehin täglich entsteht.

Kompost- und Trenntoiletten ermöglichen genau das. Ohne Wasserverbrauch und ohne komplizierte Technik trennen sie Urin und Feststoffe, stabilisieren die enthaltenen Nährstoffe und ermöglichen es die wertvollen Rohstoffe wiederzuverwerten. Das spart nicht nur große Mengen Wasser und Energie, sondern reduziert auch das Abwasseraufkommen enorm. Vor allem für Parzellen und Spielplätze oder Orte ohne Wasseranschluss eignen sich Komposttoiletten besonders – sie sind leicht zu handhaben, geruchsarm und umweltfreundlich.

Ein Blick in die Praxis: Wie Goldeimer nachhaltige Sanitärsysteme voranbringt

Dass dieses Prinzip nicht nur auf dem Papier funktioniert, zeigt Goldeimer eindrucksvoll. Der Verein betreibt jedes Jahr auf Festivals in ganz Deutschland Komposttoiletten und beweist damit, dass nachhaltige Sanitärsysteme hygienisch, funktional und sogar spaßig sein können. Für unser Thema haben ich mit Katha Fuchs von Goldeimer gesprochen. Im Interview gibt Katha persönliche Einblicke: von ihrem ersten Kompostklo-Erlebnis über die Faszination an den Abläufen dahinter bis hin zur großen Vision von Goldeimer: „Alle für Klos, Klos für alle!“ Der Goldeimer-Ansatz zeigt: Komposttoiletten sind eine echte Zukunftslösung, die heute schon funktioniert und nicht nur Festivals nachhaltiger gestalten können.

L: „Kannst du dich noch an deinen ersten Gang auf eine Komposttoilette erinnern?“

Katha: „Das erste Mal auf einer Komposttoilette dachte ich: „Man hier riechts gut - nach Holzspähnen und nichts Anderem. Und dann war es noch sauber und ruhig, richtig toll und endlich Mal anders! Aber auch anders in der Benutzung. Das hat mich erstmal überfordert, aber dann gab es eine hilfreiche Beschreibung an der Tür. Dann war es ganz easy.“

L: „Was hat dich dazu bewegt bei Goldeimer anzufangen?“

Katha: „Beim Goldeimer bin ich wegen das Gemeinschaftsgefühls dabei - gemeinsam Festivalbesuchenden eine alternative, nachhaltige und faire Toilettenlösung zu zeigen. Und Interessierte auf eine lockere Art und Weise von dem Konzept zu überzeugen und einfach Komposttoiletten näher zu bringen. Auch geht es mir darum, das Tabu um das Thema Kacken zu brechen. Wir müssen alle aufs Klo, also warum nicht offen darüber sprechen.“

L: „Wie arbeitet Goldeimer?“

Katha: „Das ganze wurde für mich dann noch attraktiver wegen der eigenen Kompostanlage in Anlagen und die Erstellung des eigenen Düngers. Aus meiner Kacke wird Pflanzennährstoff, das ist doch mega cool! Das wird auch schon auf Versuchsfeldern in Oyten getestet.

L: „Wo findet man euch überall?“

Katha: „Goldeimer gibt es auf einigen Festivals in ganz Deutschland (Hurricane/Southside, Wacken, moyn, Deichbrand, mera Luna, Highfield, ...) und in fast allen Läden findet man Klopapier von Goldeimer. Darüber freue ich mich auch immer, wenn ich es auf anderen Toiletten sehe.

Katha: „Es ist toll zu sehen, wie sehr ein Team hinter einer unheimlich guten Idee steht und dies umsetzt. jedes Jahr werden auch auf Festivals spenden für ein Projekt gesammelt. Dieses Jahr 2025 ging es nach Guatemala“

Hier findet ihr mehr Infos zu dem Projekt: https://goldeimer.de/pages/mosan

Abwasser ist viel mehr als etwas, das „weg muss“ – es ist eine wertvolle Ressource. Wenn wir Abwasser schon am Entstehungsort trennen, wird aus einem vermeintlichen Problem plötzlich ein Kreislauf, von dem Natur und Mensch profitieren. 
Denn unsere „Geschäfte“ können viel mehr, als wir denken – wir müssen sie nur lassen.

Artikel geschrieben von L Lüttke, BUND Bremen