Die politische Wirkung großer Prozesse am Beispiel Nürnberg und NSU

Veranstaltungsbericht

Geschichte und Aktualität internationaler Strafgerichtsbarkeit - Vortrag und Gespräch mit Ronen Steinke im Landgericht Bremen.

Eine Collage aus Text und Bild auf hellblauem untergrund. Links ist ein schwarz-weiß Foto von Ronen Steinke. Daneben Steht: Nürnberger Prozesse - Geschichte und Aktualität internationaler Strafgerichtsbarkeit.

„Siegerjustiz“ und der Beginn einer legitimen internationalen Strafgerichtsbarkeit im Namen und zum Schutz der Menschenrechte: Der Nürnberger Prozess, in dem vor 75 Jahren die Urteile verkündet wurden, und die Folgeprozesse waren von Beginn an hoch umstritten; vor allem natürlich in Deutschland. Aber der Grundgedanke einer supranationalen Verfolgung von Völkermord und Kriegsverbrechen hat sich durchgesetzt und zur Gründung des Internationen Strafgerichtshofs in Den Haag geführt. Aber wie sieht heute die Erfolgsbilanz dieser Idee und ihrer Umsetzung aus? Darüber sprachen wir mit Ronen Steinke am 30. März 2022. Die Veranstaltung war eine Kooperation der Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) Bremen/Unterweser e.V. mit dem Bremischen Richterbund und der Heinrich Böll-Stiftung Bremen.

Ronen Steinke hat über das Thema „Politik der internationalen Strafgerichtsbarkeit. Deutsche Perspektiven von Nürnberg bis Den Haag“ promoviert. Heute arbeitet er als Redakteur bei der „Süddeutschen Zeitung“. Dazu hat er mehrere Bücher veröffentlicht: „Fritz Bauer oder Auschwitz vor Gericht“, „Der Muslim und die Jüdin. Die Geschichte einer Rettung in Berlin", „Terror gegen Juden“. Sein neuestes Buch „Vor dem Gesetz sind nicht alle gleich“ erschien im Januar 2022.

"Die politische Wirkung großer Prozesse - Teil 1" mit Annette Ramelsberger

Während Steinke die Bedeutung der Nürnberger Prozesse für die Entwicklung der internationalen Strafgerichtsbarkeit und die Verfolgung von Kriegsverbrechen analysiert, berichtete Annette Ramelsberger im ersten Teil am 4. Februar von ihren Erfahrungen u.a. mit dem NSU-Prozess, der vielfach als völlig ungenügende Aufarbeitung und vertane Chance beurteilt wird. Die bekannte Gerichtsreporterin recherchierte bereits intensiv zum Attentat auf das Oktoberfest 1980, begleitete die Rechtsradikalen-Prozessen in den ostdeutschen Bundesländern bis hin zu Halle – schon zu DDR-Zeiten war sie dort akkreditiert. zur Aufzeichnung.

Annette Ramelsberger, leitende Redakteurin bei der „Süddeutschen Zeitung“, berichtet seit Jahrzehnten über politisch kontextualisierte Strafgerichtsprozesse. Für ihre Berichterstattung über den NSU-Prozess wurde sie 2014 zur Journalistin des Jahres gewählt sowie mit dem Henri Nannen Preis ausgezeichnet. Ramelsberger begleitete auch den Prozess über den fehlgeschlagenen Brandanschlag im niedersächsischen Salzhemmendorf, der tiefgehende gesellschaftliche Einblicke ermöglichte. Über diese vielfältigen Erfahrungen in Prozessen gegen rechts sprachen wir mit Annette Ramelsberger und diskutierten über deren juristische, gesellschaftliche und politische Relevanz.