Patriarchendämmerung - Über den reformbedürftigen Machtbegriff am Theater

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Im Theater fängt man gerade erst damit an, ein Auge auf die Macht werfen. Es braucht einen ein Kulturwandel, der durch die Mitarbeitenden selbst erarbeitet und gelebt wird.

Dieser Beitrag eröffnet unsere neue Publikation "Theater und Macht - Beobachtungen am Übergang".

»The Force is not a power you have. It's not about lifting rocks. It's the energy between all things, a tension, a balance, that binds the universe together.« Luke Skywalker  

Derzeit vergeht kaum ein Monat, in dem nicht über Vorwürfe von Machtmissbrauch an deutschsprachigen Theatern diskutiert wird. Als Mitte März 2021 in einer taz-Recherche Vorwürfe gegenüber dem Intendanten der Berliner Volksbühne, Klaus Dörr, öffentlich wurden, kommentierte das Internetportal Nachtkritik folgerichtig in einem Tweet: »Was sich abspielte, liest sich wie ein fast klassischer Fall von Machtmissbrauch.« »Klassisch« – gab es immer, wird es immer geben.

Es liegt eine feine Ironie darin, dass ausgerechnet das Theater, das die Formen und Deformationen von Macht auf der Bühne bis ins Kleinste durchdekliniert, hinter der Bühne einen autoritären Machtbegriff konserviert. »Macht« kann, als Produktivkraft verstanden, das Gefüge einer Gruppe strukturieren und ihr als Ganzes Handlungsfähigkeit verleihen. In der deutschen Theaterlandschaft ist sie hingegen in Verruf geraten, weil sie mit dem Missbrauch ihrer selbst gleichgesetzt wird: eine zersetzende Kraft, die das Gewebe der Organisationen befällt, die verstärkende, sich aufschaukelnde und wiederholende Prozesse in Gang setzt, ein zunächst unmerkliches, später unwiderstehliches »Gleiten und Driften von Praktiken und moralischen Standards« (Günther Ortmann).[1]

Lange drang davon wenig nach außen, weil auf der anderen Seite die Ohnmacht groß ist: Hier das Führungspersonal, bei dem nicht selten Dominanzbedürfnis, Führungsunsicherheit und reale Machtbefugnis eine unheilige Allianz eingehen. Dort die Mitarbeiter:innen, die sich dank des Tarifvertrags NV Bühne oft auf einem »fest zementierten Schleudersitz« befinden, wie es ein Ensemblemitglied des Badischen Staatstheaters ausdrückte.[2] Wenn das Schweigen gebrochen wird, changieren die Reaktionsmuster der Verantwortlichen in der Kulturpolitik und im Haus meist zwischen Aussitzen und Aktionismus. Entweder werden die Brücken hochgezogen oder es wird einem tief in der Institution Theater verwurzelten Phänomen mit eher bürokratischen Maßnahmen zu Leibe gerückt: Handreichungen, Leitbildern, Vertrauensstellen, Selbstverpflichtungen, Strukturmodellen. Dahinter scheint eine mechanische Vorstellung der Organisation auf, als ob es nur gilt, einige Zahnräder richtig zu justieren, damit es wieder rund läuft. Die Organisation als Maschine – ein stereotyp männliches Bild übrigens, »frisch aus einem BWL-Buch der 1960er Jahre«, wie die Kulturmanagerin Shiva Hamid es bezeichnet.[3] Für deren Wartung müssen gelegentlich ausufernde Premierenparties und Betriebsfeiern in der spielfreien Zeit genügen.

Einzelmaßnahmen werden daher kaum den tiefgreifenden Wandel in den öffentlich finanzierten Häusern nach sich ziehen, weil die autoritäre Machtauffassung im Theater sich aus vielen Quellen speist und grundlegende Überzeugungen und kollektive Werte der Akteur:innen berührt. Echte Veränderung braucht daher ein ganzheitliches Bild davon, wie diese Faktoren zusammenhängen, sich gegenseitig stabilisieren und verstärken.

Die Eigenlogik der Kulturproduktion zu bewahren bedeutet nicht, sich abzuschotten

Beim Leitungspersonal von Kulturinstitutionen gehört die Abgrenzung zur Wirtschaft, oft garniert mit einem kapitalismuskritischen Jargon, zum guten Ton. Zugespitzt formuliert – die Kunstproduktion folge eben eigenen Gesetzen. »Wir produzieren ja keine Kekse oder Unterhosen, sondern Kunst«, meint Burgtheater-Intendant Martin Kušej.[4] Diese Abwehr ist nachvollziehbar, solange sie sich gegen das Primat der Marktlogik richtet, das künstlerisches Denken konterkariert. Diesen Zwängen soll sich das öffentlich finanzierte Theater ja gerade entziehen.

Allerdings kann diese Haltung auch Beratungs- und Veränderungsresistenz kaschieren: Dann wird die Kunst zum elitären Ross, von dem aus man andere gerne beurteilt, sich selbst aber über alle Zweifel erhebt. Dazu passt auch ein sorgfältig gepflegtes Gefühl des »Unverstandenseins«, sobald man es mit »Nicht-Künstler:innen« zu tun hat. »Ich bin keine Profimusikerin, ich spiele nicht in seinem Orchester, und allein das ist schon ein Grund, warum er denkt, ich bin ein Mensch zweiter Klasse«, sagt eine Mitarbeiterin über Daniel Barenboim, Generalmusikdirektors der Staatsoper Berlin. »Er gibt mir das Gefühl, ich sei dumm. Musiker, die er schätzt, behandelt er ganz anders.«[5] 

Folgerichtig holt man sich Beratung nur dann ins Haus, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist und die Leute »vom Fach« sind. Berater:innen, die ehemals selbst Leitungspositionen im Theater innehatten, garantieren fachlich-technische Expertise, aber nicht unbedingt ein Denken »out of the box«. Es wird dann eher an einzelnen Stellschrauben gedreht, statt die Veränderung des Gesamtsystems in den Blick zu nehmen.

Während man auf der Bühne um gesellschaftspolitische Relevanz und Durchlässigkeit ringt, schottet man sich dahinter gegen organisationales Lernen ab. Nun muss man nicht jede Kapriole des HR- und Beratermarkts mit durchexerzieren und ja, da ist viel Marketing-Vokabular im Umlauf. Aber die enormen Ressourcen, die beispielsweise in der Wirtschaft in das Thema »Führung« und »Veränderungsmanagement« fließen, haben doch die eine oder andere brauchbare Erkenntnis hervorgebracht. Statt diese pauschal als »kapitalistisch« zu brandmarken, wäre es nützlich, hier den Austausch zu suchen, um das herauszufiltern und zu adaptieren, was die Institution Theater voranbringt. Man kann sich hier professionell begleiten lassen – es gibt in Deutschland eine diverse Szene an Veränderungshelfern, beispielsweise in der systemischen Organisationsentwicklung, die unterschiedliche Schwerpunkte setzen und nicht eindimensionale Optimierungsprogramme fahren, wie sie in der Managementberatung immer noch verbreitet sind.

Sich seinen blinden Flecken zu stellen ist moderne Führungspraxis

Viele »inszenierende Intendanten«, die in Personalunion über künstlerisches Profil und Anstellungsverhältnisse entscheiden, bringen wenig Managementerfahrung mit. Anders als in der Wirtschaft, wo das Erreichen einer Führungsposition meist zwangsläufig damit verbunden ist, Personalentwicklungsmaßnahmen zu durchlaufen, kann man auf Leitungsfunktionen im Theater ohne allzu viele Reflektionsanreize gelangen. »Wir haben immer ein bisschen die Tendenz gehabt, zu glauben, wir Intendanten seien Naturtalente«, meint der Intendant des Deutschen Theaters Ulrich Khuon.[6] »Wir haben Betriebsführung gelernt, indem wir einfach gemacht haben, ein bisschen wie man Kinder erzieht, man kriegt es irgendwie hin, mehr schlecht als recht.«

Dabei setzt jede Arbeit mit Führungskräften bei einer simplen Einsicht an: Führung ist Verhalten, und deswegen untrennbar mit der Person verbunden. Um als Führungskraft effektiv zu sein, muss ich Bewusstheit über meine Stärken und Lernfelder entwickeln, sagt der Organisationsberater, Personalentwickler und Coach Wolfgang Looss.[7] Ein heroisches, männlich konnotiertes Bild von Macht und Führung ist hierfür nicht hilfreich. Nicht zuletzt für die Inhaber von Führungspositionen selbst: Schwäche zu zeigen, Unsicherheit zuzugeben, Hilfe anzunehmen, den eigenen Körper zu respektieren, all das ist nicht bildkonform und wird eher überspielt. Ziemlich anstrengend.

Dabei schließen sich Stärke und Fehlbarkeit, Autorität und Nahbarkeit nicht aus, sondern bedingen sich. Die inhärenten Spannungen auszutarieren erfordert aber ein hohes Maß an Bewusstheit, und um die blinden Flecken auszuleuchten braucht es Reflektionspraxis. »Wenn ich Coachings oder Feedbackroutinen anrege, wird das von Intendanten oft weggelächelt«, sagt Thomas Schmidt, Studiengangsleiter Theater- und Orchestermanagement an der Frankfurter Hochschule für Musik und Darstellende Kunst.[8] Feedback ist aber kein dekoratives Beiwerk oder ein hippiesker Auswuchs im Personalwesen, sondern elementar um zu lernen, Intention und Wirkung in der Kommunikation aufeinander abzustimmen. Mitarbeiter:innengespräche, 360 Grad Beurteilungen, Führungskräftefeedbacks – es ist interessant, dass gerade im Theater, das auf der Bühne die Aufgabe hat, »der Beobachtung des Menschen durch den Menschen selbst eine Form zu geben« (Dirk Baecker)[9], diese Beobachtung zweiter Ordnung intern so wenig kultiviert wird.

Starke Entscheidungen zu treffen heißt nicht, sich wie ein Tyrann zu verhalten

Im Theater-Kontext werden künstlerische Linie und Klarheit sowie eine partizipative, empathische Haltung gegenüber dem Team oft als Gegensatz konstruiert. Warum? Weil es sich nicht mit dem Bild des genialischen Zampanos verträgt, dass er zuhört, nachfragt, Rücksicht nimmt? Weil der künstlerische Prozess nun mal Gefühlsextreme erfordert, soll die Verbalexekution von Mitarbeiter:innen und Übergriffigkeit also einen bedauerlichen, aber unvermeidlichen Kollateralschaden darstellen? Hier wird ein Scheingegensatz errichtet, hinter dem man sich verbergen, Privilegien schützen, Veränderung vermeiden, Ansprüche abwehren kann.

»Führung bedeutet, starke Entscheidungen in schwierigen Situationen treffen und damit Halt und Orientierung geben – ohne den Anspruch zu haben, dies immer zu können« (Matthias Varga von Kibéd)[10]. Also solche Entscheidungen, die Wirkung haben für das System, mit dem ich arbeite. Aber das erfordert im Umkehrschluss weder einen autoritär-direktiven Führungsstil, wenn es um die Koordinierung der Aktivitäten und Leistungen geht, noch hindert und entbindet es irgendjemanden davon, jeden Menschen im System Theater zu jedem Zeitpunkt »gleichwürdig« zu behandeln, also »von gleichem Wert« (als Mensch) und »mit demselben Respekt« gegenüber der persönlichen Würde und Integrität« (Jesper Juul)[11].

Auch in anderen Bereichen versuchen Führungskräfte natürlich, eigene Visionen einzubringen und umzusetzen. Es ist aber weitgehend akzeptiert, dass sie dafür das Team gewinnen, dass sie werben, dass sie gut kommunizieren, nach innen arbeiten müssen. Man kann und darf heute den Anspruch stellen, den künstlerischen Prozess offen zu legen, Entscheidungen zu begründen und zu verteidigen. Das hat ja auch eine Entlastungsfunktion: Fehler machen zu dürfen, nicht alle Last der Welt auf sich zu laden. Also: Nehmt die Leitung in die Pflicht. Den Widerspruch zwischen künstlerischer Exzellenz und einer wertschätzenden Haltung gibt es nicht.  

Produktives Arbeiten und Lernen entsteht nicht in der Terrorzone

Im Jahr 1908 untersuchten die beiden amerikanischen Psychologen Robert M. Yerkes und John D. Dodson an japanischen Tanzmäusen den Zusammenhang zwischen motivationalen physiologischen Anreizen und dem Lern- und Leistungsvermögen. Sie stellten überrascht fest, dass die Lern- und Leistungsfähigkeit mit steigendem Stimulus zunächst stieg, entgegen ihrer Annahme beim Überschreiten eines Maximalpunkts aber wieder abfiel. Dieser Zusammenhang wurde als Yerkes-Dodson-Gesetz bekannt. Spätere Untersuchung bestätigten: Bis zu einem gewissen Punkt sind Druck, Anreize und Aktivierung gut und hilfreich für das Lernen, wird aber ein Maximalpunkt überschritten, kippt das Bild. Der Stress wirkt sich nachteilig auf Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Problemlösefähigkeit aus. Lernen ist in der »Terrorzone« (Breidenbach/Rollow)[12]  schlicht erschwert.

»Du musst 200 Prozent geben, um bei 100 Prozent anzukommen«, diese Motivatorik, wie sie von manch einem Intendanten überliefert ist[13], riecht nach Medizinbällen, gammeligen Turnmatten und Bocksprung, nach ganz alter Schule. Im Fußball sind Trainer wie Felix Magath, die einen ähnlichen Stil pflegen, inzwischen aussortiert, weil ihnen die jungen Typen mit Laptops, Laktat-Tests und Teamorientierung den Rang ablaufen. Im Theater haben sie alle Zeitenwenden überdauert. Gerade in der künstlerischen Produktion feiern Varianten des »Blut, Schweiß und Tränen«-Bildes weiter fröhlich Urständ. »Nur die Harten kommen in den Garten«, sagte man dazu früher. Wirklich?

Wer Menschen dazu anregen und anleiten will, künstlerisch an ihre Grenzen zu gehen, muss einen Raum öffnen, der das richtige Maß an Schutz und Experimentierfreude ermöglicht. Das steht in einem eklatanten Widerspruch zu einem erratischen Ausleben von Launen und der Rechtfertigung von Narzissmus als Ausdruck von Genialität. Und für Kreativität und Innovation ist es zentral, dass Mitarbeiter:innen das Gefühl haben, Fehler machen zu dürfen und darüber sprechen zu können, ohne Sanktionen fürchten zu müssen. Es wird Zeit, das Theater auch intern in eine »Inspirationszone« zu verwandeln.

Macht braucht Regulative –  Kulturpolitik muss hinschauen

Wenn es um Missstände hinter den Kulissen ging, hat sich Kulturpolitik in der Vergangenheit zu oft rausgehalten und ihrer Kontroll- und Aufsichtsfunktion entledigt – sei es aus einem vorgeblichen Respekt gegenüber der »Freiheit der Kunst«, oder weil sie selbst von einem Bild des genialischen Tyrannen bezaubert ist, der Grenzen überschreitet, um große Kunst zu schaffen. »Ich habe das Gefühl, dass Politikerinnen und Politiker Theater oft noch zusammenbringen mit dem Klischee: Der, der am lautesten schreit, ist der größte Künstler«, meinte die Dramaturgin Deborah Maier. »Dadurch wird viel gerechtfertigt.«

Oft gibt es Gerüchte, aber manch Kulturpolitiker lässt sich vom Kulturleuchtturm und seinen Diversitätsfassaden blenden, insbesondere, wenn sie gut zum eigenen politischen Programm passen, Stichwort »femwashing«.

Die jüngsten Beispiele von Machtmissbrauch an der Berliner Volksbühne und dem Badischen Staatstheater haben außerdem zum wiederholten Male die Schwächen des Auswahlprozesses für die Neubesetzung von Intendantenpositionen offenbart. Sowohl Klaus Dörr in Berlin als auch Peter Spuhler in Karlsruhe haben scheinbar auch schon an vorherigen Stationen Verhaltensmuster an den Tag gelegt, die ihnen später vorgeworfen wurden. Man hätte es also vermutlich wissen können, wenn man es denn hätte wissen wollen, oder wenn eine Findungskommission mal in Stuttgart, Heidelberg oder dem Berliner Gorki-Theater nachgefragt hätte. Dann wäre es möglich gewesen, den Führungsstil vorab zu thematisieren und den Intendanten zum Beispiel einen Coach zur Seite zu stellen. Stattdessen ist die Intendantenwahl oft ein ziemliches Hinterzimmer-Geklüngel: Die Auswahlkriterien und -kommissionen sind intransparent, für die Kulturpolitik ist die überregionale Strahlkraft einer Personalentscheidung im Zweifelsfall wichtiger als die Frage, ob jemand kompetent genug ist, eine komplexe Organisation mit vielen verschiedenen Arbeitsbereichen und -kulturen zu führen. »Wir müssen im ganzen Kunst- und Kulturbetrieb zukünftig stärker auf Führungskompetenz achten statt vor allem auf kuratorische, inszenatorische oder repräsentative Qualität«, beschreibt Karlsruhes Oberbürgermeister Frank Mentrup seine Lernerfahrung aus der Führungskrise am Badischen Staatstheater.[14] Es müssten transparente Auswahlverfahren eingeführt werden, wie sie sich zum Beispiel im Klinikbereich oder der Stadtverwaltung bewährt hätten.

Im Zuge der Patriarchendämmerung wurden in vielen Organisationen Checks and Balances eingeführt, die ein Auge auf die Macht werfen. Im Theater fängt man gerade erst damit an, und es ist eher der »Druck von unten«, der für den Musterbruch sorgt: Mitarbeiter:innen, die sich gegen die Macht, die kaputt macht, wehren und Gehör finden bei Initiativen wie dem Ensemble Netzwerk und einer sensibilisierten (medialen) Öffentlichkeit. Dies zwingt Kulturpolitik zum Hinschauen und Handeln.

Grautöne aushalten – und trotzdem entschlossen erneuern

Wir haben Einfluss auf die Bilder der Macht, die wir kultivieren und die uns prägen. Hier hat die Theaterszene viel zu lange einen Anachronismus am Leben erhalten, sich in einer Mischung von Bequemlichkeit, Abschottung, fehlenden Checks and Balances und selbstverstärkenden internen Spiralen in eine Werte-Krise hineinmanövriert. Menschen sind zu Schaden gekommen, der Ruf hat gelitten. Es wird Zeit, dass sich etwas grundlegend ändert.

Aus dem leider viel zu häufigen Missbrauch der Macht nun zu folgern, sie müsse oder könne wegorganisiert werden, führt auf einen Irrweg und verlagert die Dynamik nur ins Unsichtbare, macht sie schwerer greifbar. Und Mitbestimmung ist kein Allheilmittel, sondern muss funktional und gewollt sein, sie ist voraussetzungsvoll, funktioniert nicht in jedem Kontext. Was natürlich keinen teamorientierten Intendanten vom Experimentieren abhalten sollte – ohne den Anspruch, gleich allgemeingültige Lösungsansätze zu pilotieren.

Es geht darum, Exzellenz grundsätzlich neu zu denken. Die Bilder müssen von innen kommen, aus dem System, aber sie werden sicher diverser, Team-orientierter, selbst-reflexiver sein. Die Medien können diesen Suchprozess unterstützen, indem sie den Scheinwerfer auf neue Figuren in der Szene richten, die ein anderes Führungsverständnis verkörpern. Die Politik trägt eine Verantwortung dafür, die richtigen Strukturreformen voranzutreiben und der Aufsichtsrolle gerecht zu werden, sollte sich aber nicht in Steuerungsfantasien ergehen oder drängen lassen. Der Veränderungsprozess muss in den Häusern passieren, der Kulturwandel durch die Mitarbeitenden selbst erarbeitet und gelebt werden.


[1] Ortmann, Günther (2010): Organisation und Moral. Die dunkle Seite.

[2]»Aus den Fugen«. Vorwürfe, Misstrauen und Verwerfungen am Badischen Staatstheater. In VAN Magazin (29. Juli 2020).

[3] In einem Interview für diesen Text.

[4] In: Ris, Daniel (2012): Unternehmensethik für den Kulturbetrieb.

[5] »Der Poltergeist. Wer hat Angst vor Daniel Barenboim?« In VAN Magazin (6. Februar 2019)

[6]»Keine Angst für Niemand«. Interview mit Ulrich Khuon. In VAN Magazin (18. September 2019).

[7] In einem Interview für diesen Text.

[8] In einem Interview für diesen Text.

[9] Baecker, Dirk (2013): Wozu Theater?

[10] Zitiert aus: Ferrari, Elisabeth; Rühl, Johanna (2013): Führung in einem Satz.

[11] Juul, Jesper (2012): Vier Werte, die Kinder ein Leben lang tragen.

[12] Breidenbach, Joana; Rollow, Bettina (2020): New Work needs Inner Work.

[13]»Aus den Fugen«. Vorwürfe, Misstrauen und Verwerfungen am Badischen Staatstheater. In VAN Magazin (29. Juli 2020).

[14]»Wir müssen diese erodierende Entwicklung einfangen.« Interview mit Frank Mentrup im VAN Magazin (28.11.2020)