Interventionen // Glossar

In alphabetischer Reihenfolge/ In alphabetical order

Dominanzgesellschaft / Dominant society

Die Dominanzgesellschaft definiert die kulturelle Norm einer Gesellschaft und konstituiert das Ein- und Ausgrenzen von Menschen (—> Marginalisierungen). Oftmals überlagern sich Mechanismen kultureller Dominanz und rassistischer Exklusion. Von der Dominanzgesellschaft wird eine strukturelle Diskriminierung auf die Minderheiten ausgeübt.

The dominant society constructs the cultural norm of a society and constitutes the inclusion and exclusion of people (-> marginalization). Often mechanisms of cultural dominance and racist exclusion interlock, structural discrimination is exercised by the dominant society on the minorities.

 

 

Epistemologie / Epistemology

Die Epistemologie ist die Lehre vom Wissen. Die Erkenntnistheorie beschreibt und untersucht, wie Wissen zustande kommt. Im Kontext der Postkolonialen Studien geht es vor allem darum zu analysieren, wessen Wissensproduktion legitimiert wird und wessen Theorien ausgeschlossen werden.

Epistemology is the study of knowledge. Epistemology describes and investigates how knowledge comes about. In the context of postcolonial studies, it is primarily concerned with analysing whose knowledge production is legitimised and whose theories are excluded.

 

 

Globaler Norden, Globaler Süden / Global North, Global South

Mit dem Begriffspaar werden unterschiedliche politische Positionen im globalen Kontext beschrieben. Als Globaler Süden wird eine in diesem System benachteiligte gesellschaftliche, politische und ökonomische Position bezeichnet, im Unterschied dazu wird Globaler Norden zur Beschreibung einer privilegierten Position verwendet. Die Einteilung in Nord und Süd ist nicht ausschließlich geografisch gedacht.

The pair of terms is used to describe different political positions in a global context. The Global South is used to describe a disadvantaged social, political and economic position in this system, whereas the Global North is used to describe a privileged position. The division into North and South is not exclusively geographical.

Mehr dazu/ More in der Broschüre: Glokal e.V. (2012): Mit kolonialen Grüßen. Berichte und Erzählungen von Auslandsaufenthalten rassismuskritisch betrachtet. Berlin. 4 URL: https://www.glokal.org/wp-content/uploads/2011/05/BroschuereReiseberichteundRassismus.pdf (23.07.2020)

 

Hegemonie / Hegemony

Grundsätzlich ist Hegemonie die Macht der herrschenden Klasse, andere Klassen davon zu überzeugen, dass die Interessen der herrschenden Klasse die Interessen aller sind. Herrschaft wird also nicht mit Gewalt ausgeübt, nicht einmal notwendigerweise durch aktive Überzeugungsarbeit, sondern durch eine subtilere und umfassendere Macht über die Wirtschaft und über Bereiche wie Bildung und Medien, durch die das Interesse der herrschenden Klasse als das gemeinsame Interesse dargestellt und damit zur Selbstverständlichkeit wird. Der Begriff wird verwendet, um den Erfolg der imperialen Macht über ein kolonisiertes Volk zu beschreiben.

Fundamentally, hegemony is the power of the ruling class to convince other classes that their interests are the interests of everybody. Domination is thus exerted not by force, nor even necessarily by active persuasion, but by a more subtle and comprehensive power over the economy and over areas such as education and the media, through which the interests of the ruling class are presented as the common interest and thus become a matter of course. The term is often used for describing the success of imperial power over a colonized people.

Mehr dazu/ more: Ashcroft, Bill/ Griffiths, Gareth/ Tiffin, Helen (2013): Post-Colonial Studies: The Key Concepts. London: Routledge. 3.Auflage 106f)

 

 

Kanon / Canon

Mit dem Begriff Kanon wird die Zusammenstellung oder Auswahl von Werken (Literatur, Kunst, Bildung u.a.) bezeichnet, denen ein bestimmter universeller Wert zugeschrieben wird. In den letzten Jahrzehnten kam es, ausgelöst durch die Postkolonialen Studien,  vor allem in den Literatur- und Kunstwissenschaften zu Kanondebatten, in deren Rahmen diese weiße, eurozentristisch geprägte Kanonbildung als unzulässige Machtausübung kritisiert wird.

The term canon is used to describe the compilation or selection of works (literature, art, education, etc.) to which a certain universal value is attributed. In recent decades, triggered by postcolonial studies, canon debates have especially taken place in literature and art studies, in which this white, Eurocentric canon formation is criticized as an inadmissible exercise of power.

Mehr dazu/ Projekt Kanon-Fragen im Haus der Kulturen der Welt Berlin: URL: https://www.hkw.de/de/programm/projekte/2016/kanon_fragen/kanon_fragen_… (27.08.2020) / Uerlings, Herbert/ Patrut, Julia-Karin (2012): Postkolonialismus und Kanon. Bielefeld: Aisthesis-Verlag. Band 2

 

 

Marginalisierung / Marginalisation

Bei Marginalisierung handelt es sich um die Verdrängung von Individuen oder Bevölkerungsgruppen an den Rand der Gesellschaft. Die Verdrängung kann auf verschiedenen Ebenen erfolgen. Sie kann zum Beispiel geografisch, wirtschaftlich, sozial oder kulturell sein; meist spielt sie sich auf mehreren Ebenen gleichzeitig ab. Marginalisierung findet in einem Machtgefüge statt und geht mit Diskriminierung einher: Je näher sich eine Gruppe am gesellschaftlichen Rand befindet, desto weniger Macht hat sie und desto stärker ist sie gegenüber der gesellschaftlichen Mitte benachteiligt. Im Kulturbetrieb haben marginalisierte Akteur*innen unter anderem schlechtere Zugänge zu Förderung und zu einflussreichen Positionen. Sie wählen häufig Kunstformen, bei denen die entsprechenden Zugänge weniger stark reglementiert sind.

Marginalization is the displacement of individuals or population groups to the margins of society. The displacement can take place at various levels. For example, it can be geographical, economic, social or cultural; it usually takes place at several levels simultaneously. Marginalization takes place in a power structure and goes hand in hand with discrimination: the further on the edge of society a group is, the less power it has and the more disadvantaged it is in relation to the middle of society. In the cultural sector, marginalized actors have, among other things, less access to funding and influential positions. They often choose art forms in which access is less regulated.

Mehr dazu / More Diversity Arts Culture Wörterbuch: URL: http://www.diversity-arts-culture.berlin/diversity-arts-culture/woerterbuch (14.07.2020)

 

Othering

Von Othering spricht man, wenn eine Gruppe oder eine Person sich von einer anderen Gruppe abgrenzt, indem sie die nicht eigene Gruppe als andersartig und fremd beschreibt. Im Kulturbetrieb spielt Othering unter anderem eine Rolle, wenn es um die Bestimmung von Zielgruppen geht und die Frage, warum bestimmte Gruppen von Besucher*innen in einer Kulturinstitution nicht vorhanden sind. Statt mit den Zielgruppen ins Gespräch zu kommen, werden ihnen häufig Bedürfnisse und Wünsche zugeschrieben.

One speaks of Othering when a group or a person distinguishes him or herself from another group by describing the non-personal group as different and foreign. In the cultural sector, Othering plays a role, among other things, in determining target groups and the question of why certain groups of visitors are absent from a cultural institution. Instead of talking to the target groups, needs and wishes are often attributed to them.

Mehr dazu / More Diversity Arts Culture Wörterbuch: URL: http://www.diversity-arts-culture.berlin/diversity-arts-culture/woerterbuch (14.07.2020)

 

 

PoC/ BPoC/ BIPoC (= Black Indigenous People of Color)

Damit werden Menschen beschrieben, die Rassismus erfahren. Der Begriffe wird auch in Wechselwirkung mit dem Begriff weiß verwendet. Ähnlich wie Schwarz oder weiß ist (BI)PoC keine Bezeichnung für Hautschattierungen. Es geht um die Marginalisierung aufgrund von Rassismus. In Deutschland zählen zu dieser Gruppe daher unter anderem Menschen aus der afrikanischen, asiatischen oder lateinamerikanischen Diaspora dazu.

Describes people who experience racism. The term is also used in interaction with the term white. Similar to Black or white, (BI)PoC does not describe shades of skin. It is about marginalization due to racism. In Germany, therefore, this includes people from the African, Asian or Latin American diaspora.

More / Kien Nghi Ha (2013): 'People of Color' als Diversity-Ansatz in der antirassistischen Selbstbenennungs- und Identitätspolitik. URL: https://heimatkunde.boell.de/de/2009/11/01/people-color-als-diversity-a… (27.08.2020) / Diversity Arts Culture Wörterbuch: URL: http://www.diversity-arts-culture.berlin/diversity-arts-culture/woerter… (14.07.2020)

 

 

Schwarz / Black

Der Begriff Schwarz wird oft als Selbstbezeichnung von Menschen afrikanischer und afro-diasporischer Herkunft, schwarzen Menschen, Menschen dunkler Hautfarbe und people of color gewählt. Das großgeschriebene S wird bewusst gesetzt, um eine sozio-politische Positionierung in einer mehrheitlich weiß dominierten Gesellschaftsordnung zu markieren. Schwarz und weiß sind nicht als Hautfarben, sondern als soziale und politische Konstruktionen in einem globalen Machtgefüge zu verstehen.

The term Black is often chosen as a self-designation of people of African and Afro-diasporic origin, black people, people of darker skin color and people of color. The capitalized "B" in the German spelling is deliberately set to mark a socio-political positioning in a social order dominated by white. Black and white are not to be understood as skin colors, but as social and political constructions in a global power structure.

Mehr dazu / More Diversity Arts Culture Wörterbuch: URL: http://www.diversity-arts-culture.berlin/diversity-arts-culture/woerterbuch (14.07.2020)

 

Weiß/ White

Der Begriff weiß beschreibt ebenso wie Schwarz keine messbare Hautpigmentierung, sondern eine soziale Zugehörigkeit und Privilegien, die mit der Hautfarbe einhergehen. Wer als weiß zählt, ist nicht streng definiert, sondern kontextabhängig. Um die Konstruktion des Begriffes hervorzuheben, wird weiß kursiv und klein geschrieben.

Like Black, the term white does not describe measurable skin pigmentation, but rather social affiliation and privileges associated with skin color. Who counts as white is not strictly defined, but rather context-dependent. In order to emphasize the construction of the term, white is written in italics and small letters.

More / Arndt, Susan/ Ofuatey-Alazard, Nadja (2019): Wie Rassismus aus Wörtern spricht. (K)Erben des Kolonialismus im Wissensarchiv deutsche Sprache. Ein kritisches Nachschlagewerk. Münster: UNRAST-Verlag. 190ff